Ins IPA gefallen – oder: Wie ich zwischen Tannenkesseln und Moselsternen das Wesentliche fand
- Snev

- 13. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Juni
Nach ein paar Tagen voller Lachen, Latte Macchiato und leichtem Sonnenbrand in Straßburg – inklusive Fahrradtour, Altstadtbummel und einem stilvollen Sonnenbrillenkauf mit Felix (wir waren uns einig: Schwarz steht jedem) – setzte ich mich wieder ans Steuer meines treuen Gefährten. Der Bus. Mein Zuhause auf Rädern. Mein Kompass ins Wesentliche.
Ziel des Tages: Saverne.
Eine Stadt, die älter ist als mein Navi – spätrömisch belegt, wie man so schön sagt. Hier wechselten im Laufe der Geschichte öfter die Besitzer als ein französischer Bäcker das Baguetteblech. Und doch: Der Charme ist geblieben. Pflastersteine, Fachwerk, das gewisse „je ne sais quoi“. Ich schlendere durch die Gassen, lasse mich treiben. Aber 34 Grad machen selbst der Romantik den Garaus – also weiter. Rauf in die Vogesen, dahin, wo der Wald Schatten spendet und man wieder atmen kann.
Tannenkessel und Zufallszauber.
Ich parke an einem kleinen Seitenstreifen unterhalb des Breitkopfs – alleine der Name klingt nach Picknick mit Aussicht. Und da sitze ich, esse mein Pain au Chocolat (immer wieder ein Festival der Einfachheit) und lasse Google die nächsten Ideen ausspucken. Fontaine Mélanie, sagt es – eine Quelle, beliebt bei den Einheimischen. Gesagt, geschnürt, gewandert. 150 Höhenmeter bergab, vorbei an Farnen, Moos und französischen Ortsschildern, die klingen wie Gedichte.
Und da liegt sie: die Quelle. Ein kleiner, runder Pool, kaltes Wasser, eine kunstvoll bemalte Keramikplatte. Ich tauche meine Füße ein, mein Gedankenkarussell macht kurz Pause. Fast hätte ich geglaubt, ich sei allein auf dieser Welt.
AC/DC und der beste Braumeister der Vogesen.
Dann jedoch: Highway to Hell bricht durch das Geäst. Zwei Gestalten nähern sich, gemächlich, rhythmisch, als seien sie aus einem französischen Roadmovie gefallen. Michelle und Katrin. Er: lässig, dunkelhaarig, IPA im Herzen. Sie: frech, Sonnenbrille, Lächeln mit Ausrufezeichen.
Wir reden. Oder besser: Wir verständigen uns – halb Englisch, halb Deutsch, mit Händen, Füßen und dem universellen Vokabular der Neugier. Michelle ist Privatbrauer. Und ja, er hat Bier dabei. Und ja, ich darf probieren. Es schmeckt nach Waldrand, Abenteuer und einem Hauch von Rebellion. „Nur zwei Wochen alt“, sagt er entschuldigend. Ich nicke und denke: Und trotzdem perfekt. Wie der Moment.
Die Reise geht weiter.
Es wird spät, ich rolle weiter Richtung Nancy. Kein Campingplatz heute – lieber etwas Wilderes. Gegen 21:30 Uhr lande ich in Velle-sur-Moselle, einem Örtchen, das klingt wie ein Gedicht von Rilke. Ich finde einen Platz direkt am Fluss, die Mücken halten höflich Abstand, drei junge Frauen inspizieren neugierig den Bus.
Sie staunen, fragen, probieren aus – so wie fast alle, die mir auf der Reise begegnen. Denn der Bus ist mehr als ein Fortbewegungsmittel. Er ist Gesprächsstarter, Sehnsuchtsobjekt, Symbol für die kleine große Freiheit. Ausgebaut mit Liebe – von meiner Frau – durchdacht bis in die letzte Holzschraube. Praktisch. Schön. Lebendig.
Nachklang.
Es ist kurz vor Mitternacht. Die letzten Geräusche verklungen. Ich sitze noch draußen, der Stuhl knarzt leise, über mir ein Himmel voller Sterne. Es riecht nach Fluss und Staub des Tages. Ich lehne mich zurück.
Und da ist es wieder, dieses Gefühl.
Dass man eigentlich gar nicht viel braucht.
Außer ein bisschen Mut, ein bisschen Weite –und vielleicht ein verdammt gutes IPA.






Kommentare