Von Käsegöttern, Thermalträumen und der Kunst, sich treiben zu lassen
- Snev

- 18. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Juni
Oder: Die Suche nach dem warmen Wasser
Aufgestanden. Nicht lange gezögert.
Die Nacht war kurz – aber wer zählt schon Stunden, wenn draußen der Duft von französischem Morgen wartet?
Ich rolle zur Fromagerie wie ein Ritter zum Schatz, der Magen noch leicht beleidigt, aber zu 85 % kampfbereit. Und siehe da: eine Auslage wie gemalt, ein Gedicht aus Gruyère und Ziegenrolle. Ich lasse mich verführen, zahle 18 Euro, als wär’s ein Eintritt in den Himmel – für Käse und Schokolade, versteht sich.
Nächstes Ziel: Museum.
Das kleine Museum im gleichen Gebäude kostet 4 Euro und ist – Überraschung – leer. Außer mir nur ein paar Einheimische in der Käsetheken-Schlange. Die Museumsführerin hat Zeit, Lust und Humor – Jackpot. Ich bekomme eine persönliche Führung, und das für den Preis eines schlechten Espressos in Paris. Leider ist das Museum selbst eher... solide. Käse halt. Ohne Produktion, ohne Drama. Keine Live-Herstellung, kein Kuh-Moment. Aber nett.
Ich beschließe: Zeit für größere Träume.
Vittel ruft! Das Thermalwasser-Mekka der Franzosen. Angeblich 32 Grad warmes Wasser, Wellness, Spa, ein Hauch von Glanz vergangener Zeiten. Ein spa-gewordenes Versprechen. Ich bin bereit.
Ich fahre los.
Am Wegesrand ein junger Mann mit Rucksack, zerzaust, zufrieden, sympathisch. Ich halte. Michel ist gerade aus Kolumbien zurück, auf Heimreise nach Einball (35 Minuten hinter Vittel) – müde, freundlich, reiseseelenerfahren. Wir reden über das Reisen ohne Uhr, über das Zelten mit Schmetterlingen und das große Glück, keinen Plan zu haben. Ich lasse ihn am Rondell raus, winke ihm hinterher, als sei er ein alter Freund auf dem Weg in ein anderes Kapitel und fahre weiter in die Kurstadt.
Angekommen in Vittel.
Ein Parkplatz wie gemalt für Menschen unter zwei Metern, denn Fahrzeuge über zwei Meter Höhe passen nicht rein. Der VW-Bus grinst – er liebt es, wenn die Großen draußen bleiben müssen. Ich beobachte noch eine Motorradfahrschule beim Anfahren (Gruß an meine Frau – Juli 2024!) und ziehe dann los – Tablet, Tastatur und Entschlossenheit unterm Arm – Richtung Spa.
Tja: geschlossen. Und der versprochene „32-Grad-Traum“? - real ist’s ein Pool, der aussieht wie ein eingelassener Suppenteller.
Ich beginne, an Google-Bewertungen zu verzweifeln. Saint Martin, mit göttlichem Essen und fantastischem Personal, bekommt 4,0 – dieser Planschbereich mit Souvenirshop 4,7?
Lokaler Bewertungsstolz oder algorithmisches Mitleid? Lokalstolz ist offenbar wärmer als Thermalwasser.
Aber der Park... oh, der Park!
Aber dann: der Parc Thermal. Eine Perle. Gepflegte Alleen, historische Architektur, kleine Kunstwerke, ein fast schon literarisch schönes Rondell-Café. Ich setze mich, bestelle einen Kaffee und einen Karamellkuchen mit flüssigem Kern (medizinisch notwendig, es gab ja sonst nichts). Und schreibe. Schon zwei Stunden. Im Schatten. Mit Blick auf das, was hätte sein können – und mit stiller Freude über das, was ist.
Was jetzt?
Morghan (ja, die Göttin aus dem Office de Tourisme) empfahl mir einen kleinen Stellplatz zwischen Contrexéville und dem Lac de la Folie. Ein See, ein bisschen Wahnsinn, genau mein Geschmack. Natur, Ruhe, vielleicht sogar ein Sprung ins Wasser.
Aber vorher noch ein To-do: Unterkunft für Dijon buchen. Zwei Nächte. Fête de la Musique. Innenstadt gesperrt. Der Bus braucht also einen Plan B. Stellplatz außerhalb? Oder doch ein bisschen Risiko?
Fortsetzung folgt.






Einfach fantastisch!